Porsche in Gmünd

Der Krieg erreicht Stuttgart – Porsche zieht ins sichere Kärnten um. In Gmünd arbeiten die Konstrukteure weiter. Dort entsteht auch der erste 356.

In der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 1944 fallen Bomben auf das Werksgelände der Firma Porsche. Sie zerstören Reparaturteile für Volkswagen und Volksschlepper, technische Zeichnungen und Akten verbrennen. Das Porsche Konstruktionsbüro sucht daraufhin einen anderen Standort. Zunächst plant Ferry Porsche, die Konstruktion und Verwaltung in die Nähe des Familienanwesens „Schüttgut“ bei Zell am See zu verlegen. Er findet eine Flugschule, die geeignet scheint. Doch der Platz dort reicht nicht aus. In Kärnten sieht es besser aus: Im kleinen Gmünd kauft Porsche Gelände und Gebäude der „W. Meinecke Holzgroßindustrie Berlin-Gmünd“ auf. Etwa die Hälfte der inzwischen 588 Porsche-Mitarbeiter siedelt nach Österreich um. In Gmünd entstehen zahlreiche Behelfswerkstätten, in der Flugschule in Zell am See findet das Materiallager Unterkunft. Das provisorische Porsche Werk in Gmünd erhält von seinen Mitarbeitern einen Spitznamen: „Vereinigte Hüttenwerke“.

Die Arbeit in Gmünd leidet unter der Materialknappheit nach Kriegsende. Zwar erlauben es die Alliierten den rund 140 verbliebenen Porsche-Mitarbeitern 1945, ihre Arbeit dort wiederaufzunehmen, doch es mangelt an allen Ecken und Enden. Und dann fehlen auch noch die Chefs: Ferdinand Porsche und sein Sohn Ferry folgen im November 1945 der Einladung einer französischen Kommission nach Baden-Baden und werden dort vom französischen Geheimdienst verhaftet. Ferry kommt im März 1946 aus dem Gefängnis frei, sein Vater Ferdinand jedoch erst im August 1947. In der Zwischenzeit trägt Ferry Porsche die ganze Verantwortung: „Nach dem Krieg wurde es für mich ernst, denn nun kam es alleine auf meine Initiative an.“

Ferry Porsche nutzt die Zeit im österreichischen Exil intensiv. Ihm schwebt schon seit geraumer Zeit ein eigener Sportwagen vor. Im Juli 1947 werden die ersten Konstruktionszeichnungen für den Typ 356 VW-Sport fertiggestellt. Aus dem Projekt entwickelt sich der Porsche 356 „Nr. 1“ Roadster mit Mittelmotor. Es bleibt ein Einzelstück, ist aber das erste Fahrzeug, das den Namen Porsche trägt. Gmünd in Kärnten ist damit die Keimzelle aller Porsche-Sportwagen.

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