Marathon! Das ist das Schlüsselwort eines Rennens, das 1970 auf dem Nürburgring über 86 Stunden ausgetragen wird. Porsche setzt auf den 914/6 und wird mit den Plätzen eins, zwei und drei belohnt.
Bei dem 1965 bis 1971 ausgetragenen Marathon de la Route auf dem Nürburgring wird über 80 bis 86 Stunden gefahren. Diese außergewöhnliche Distanz hat eine Vorgeschichte. Als härteste Rallye Europas gilt in den 1950er Jahren die Rallye Lüttich-Rom-Lüttich, 1961 bis 1964 führt die Route von Lüttich nach Sofia und zurück. Der Porsche-Werksfahrer Dieter Glemser hat diese Rallyes mit einem Mercedes bestritten. Seine Eindrücke: „Vier Nächte, vier Tage, irgendwann kommt man dann völlig übermüdet und oft fast apathisch ins Ziel. Nach 5.000 Kilometern in 90 Stunden!“ Und Porsche Test- und Rennfahrer Herbert Linge ergänzt: „Wer als Beifahrer schlafen kann, wie bei mir Paul Ernst Strähle, ist im Vorteil. Ich kann das nicht.“ Als diese Rallye im Straßenverkehr nicht mehr durchführbar erscheint, weicht der Veranstalter auf den Nürburgring aus.
Porsche setzt 1967 einen 911 R mit dem neuen Sportomatic-Getriebe ein und siegt überlegen mit Hans Herrmann, Jochen Neerpasch und Vic Elford. 1968 liegen drei 911 vorn, als Sieger werden Dieter Glemser, Herbert Linge und Willi Kauhsen abgewinkt. 1970 möchte Porsche die Sportlichkeit des 914/6 unter Beweis stellen. Die Distanz ist nun auf 86 Stunden ausgedehnt. Dabei gelten strenge Regeln. So dürfen für einen Boxenstopp höchstens 60 Sekunden vergehen. „Dauert er auch nur einige Sekunden länger, wird eine Runde abgezogen“, erklärt Roland Kussmaul, Entwicklungsingenieur bei Porsche. Bei Rundenzeiten von rund 13 Minuten auf der 28,3 Kilometer langen Kombination von Nord- und Südschleife eine harte Strafe. Tanken und Fahrerwechsel sind binnen dieser Frist zu schaffen, allerdings kein Reifenwechsel. Porsche reagiert mit einem Schachzug. Als der Reifenwechsel ansteht, hält der Fahrer vor dem Eingang der Boxengasse. Er löst alle Radmuttern bis auf eine, nimmt sie ab und steckt sie in den Overall. Mit nur von einer Mutter fixierten Rädern fährt der Wagen bei seinen Monteuren vor. Die wechseln die Reifen, am Ausgang der Boxengasse schraubt der Fahrer die restlichen Muttern wieder fest. Dank harter Pneus ist der Reifenwechsel während der gesamten Distanz aber nur einmal fällig. 360 Rundenlegt das Siegertrio mit Gérard Larrousse, Helmut Marko und Claude Haldi zurück. Knapp dahinter folgen – ebenfalls im 914/6 – Björn Waldegaard, Aake Andersson und Guy Chasseuil sowie Claude Ballot-Léna, Günter Steckkönig und Nicolas Koob.