Turboaufladung − Trendwende vom Motorsport zur Serie

Die Porsche-Entwicklung des Turboladers mit abgasseitiger Regelung läutet 1972 eine Trendwende ein. Rennwagen mit aufgeladenen Motoren werden unschlagbar. Davon profitiert der Seriensportwagen.

1969 läuft auf dem Porsche-Prüfstand ein 2-Liter-Sechszylinder aus dem 911, dessen Leistung durch ein exotisches Anbauteil gesteigert werden soll: einen Turbolader. Die Versuche verlaufen nur mäßig erfolgreich. Auch ein Fremdfahrzeug mit aufgeladenem Motor kann nicht überzeugen. Das Kernproblem ist das so genannte "Turboloch" aufgrund der trägen Laderreaktion.

Die Porsche-Ingenieure identifizieren die ansaugseitige Regelung des Ladedrucks als Ursache und entwickeln stattdessen eine abgasseitige Steuerung mit einem Bypassventil. Auch zahlreiche weitere Schwachstellen der Ladertechnik werden beseitigt. Um gegen Hitze und Druck zu bestehen, kommen statt herkömmlicher Kugellager schwimmende Gleitlager der Turbinen zum Einsatz. Um das Öl sicher zu allen Lagerstellen und wieder zurück zu transportieren, entsteht ein Kreislauf mit speziell entwickelten Ventilen und einer Rückförderpumpe.

Ab diesem Moment verlaufen die Versuche so vielversprechend, dass sich der Einsatz im Motorsport anbietet. Autos mit Turbomotoren werden fahrbar. 1972 startet in der US-amerikanischen Can-Am-Serie der Porsche 917/10, dessen 12-Zylindermotor dank zweier Turbolader auf 850 PS kommt. Er wird zum dominierenden Rennwagen der Rennserie. Im Zuge der Weiterentwicklung kommt das Triebwerk mit Ladeluftkühlung auf bis zu 1.500 PS.

Das gesammelt Know-How bleibt nicht lange ungenutzt. Die Trendwende im Motorsport wirft ihr erstes Schlaglicht auf die Seriensportwagen. Was mit dem Sechszylinder des 911 begonnen hat, kehrt 1973 in die Serienentwicklung zurück. Porsche präsentiert auf der IAA ein silbernes 911 Coupé als Prototyp einer geplanten Turbo-Version des 911. Parallel laufen die Entwicklungen für einen Rennsport-Elfer, der die Zuverlässigkeit der Ladertechnologie im Vorfeld der Serieneinführung prüfen soll. Der 911 Carrera RSR Turbo 2.1 kommt je nach Ladedruck auf bis zu 368 kW (500 PS).

1974 feiert die Serienvariante des 911 Turbo auf dem Pariser Automobilsalon Weltpremiere. Mit dieser „Krönung einer bewährten Konstruktion“ stößt Porsche ins oberste aller Marktsegmente vor. Als weltweit erster Seriensportwagen mit abgasseitig geregeltem Turbolader ist der Porsche 911 Turbo eines der schnellsten Automobile seiner Zeit. Doch im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern ist der 911 Turbo ein voll alltagstauglicher Luxussportwagen.

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