Rennsport-Chassis mit aktiven Performance-Systemen

Fahrwerk und Fahrdynamik

Die überragenden Fahrleistungen des neuen 911 GT2 RS lassen sich nur ungenügend über die gängigen Beschleunigungswerte in Längsrichtung klassifizieren. Sie beziehen ihre Faszination vielmehr aus der absoluten Präzision, Berechenbarkeit und Querhaftung auf anspruchsvollen und hoch dynamisch gefahrenen Strecken. So gelang es mit dem 911 GT2 RS bei der Rekordfahrt auf dem Nürburgring gleich mehrfach, den bisherigen Rekord für Sportwagen mit Straßenzulassung (6.52,01 Minuten) zu unterbieten. Insgesamt legte der Höchstleistungssportwagen fünf Runden in jeweils weniger als 6.50 Minuten zurück. Die Rekordrunde für den 911 GT2 RS endete schließlich bei idealen äußeren Bedingungen 6.47,3 Minuten später. Gemessen wurde – wie bei Rekordfahrten üblich – die 20,6 Kilometer lange Strecke. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug 184,11 km/h.

Grundlage für die beeindruckende Fahrdynamik ist ein reinrassiges Rennsport-Chassis, das praktisch auf alle Elastokinematik verzichtet. Erstmals bei einem Porsche-Straßenfahrzeug wurden beim neuen 911 GT2 RS alle Fahrwerksgelenke durch stählerne Kugelgelenke ersetzt. Mit ihrer Präzision und Leichtgängigkeit sorgen sie für eine besonders straffe Anbindung des Fahrwerks an die Karosserie. Störende Impulse einer elastisch gelagerten Motormasse könnten die so gewonnene Präzision beeinträchtigen. Deshalb verfügt der 911 GT2 RS über dynamische Motorlager, deren Härte passend zur Fahrsituation geregelt wird. Bei Lastwechseln und schnellen Kurven stabilisiert eine härtere Motorlagerung das Fahrverhalten merklich. Zudem reduzieren die dynamischen Motorlager die vertikalen Schwingungen des Motors bei Beschleunigung unter Volllast. Das Ergebnis sind eine gleichmäßigere und höhere Antriebskraft an der Hinterachse, eine höhere Traktion und eine bessere Beschleunigung. Bei gemäßigter Fahrweise steigt der Fahrkomfort dank weicherer Einstellung der dynamischen Motorlager.

Weitere Fahrwerkskomponenten aus dem 911 GT3 RS wie Radträger und geteilte Lenker stammen ebenfalls aus dem Rennsport. Die Vorderachse ist als McPherson-Federbeinachse mit Helperfedern aufgebaut, die die aufgehängten Räder an Längs- und Querlenkern einzeln führt. An der Hinterachse führt eine Mehrlenkerachse mit Helperfedern die Räder. Zur Verringerung der Massen setzt Porsche beim 911 GT2 RS Leichtbaufedern ein. Die Federraten von Schrauben- und Torsionsfedern sind wie im Motorsport ausgelegt. Was der Fahrer an Komfort einbüßt, gewinnt er mehrfach an Querstabilität. Höhe, Sturz und Spur sowie Stabilisatoren lassen sich für den Einsatz auf der Rundstrecke individuell abstimmen.

Als Option bietet Porsche für den 911 GT2 RS ein neues hydraulisches Liftsystem an der Vorderachse an. Es wiegt rund vier Kilogramm weniger als das bisherige System. Bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h kann das Fahrzeug damit auf Knopfdruck vorn um circa 30 Millimeter angehoben werden. Das vermindert die Gefahr des Aufsetzens bei Bordsteinen, Rampen oder Garageneinfahrten.

Beste Haftung: Mischbereifung und Keramikbremsen

Die Übertragung der Längs- und Querkräfte übernehmen Ultra High Performance-Reifen. Wie bei den Hochleistungssportwagen von Porsche üblich, unterscheidet sich nicht nur die Breite, sondern auch die Größe an Vorder- und Hinterachse. An der Vorderachse sind Pneus der Dimension 265/35 ZR 20 auf 9,5 Zoll breiten Rädern mit 20 Zoll Durchmesser montiert. Die hinteren Leichtmetallräder der Größe 12,5 J x 21 haben Reifen der Kategorie 325/30 ZR 21. Die neuen, in Weißgoldmetallic lackierten Leichtmetall-Schmiederäder mit Zentralverschluss tragen den Schriftzug „GT2 RS“. Das serienmäßige Reifendruck-Kontrollsystem (RDK) warnt nicht nur bei schleichendem oder gar plötzlichem Druckverlust. Es verfügt zusätzlich über einen Rundstreckenmodus, der den niedrigeren Luftdruck mit kalten Reifen bei Beginn eines Streckeneinsatzes berücksichtigt.

515 kW (700 PS) Motorleistung und ein Rennsportfahrwerk verlangen nach dem besten Bremssystem, das Porsche entwickelt hat. Serienmäßig verzögert den 911 GT2 RS das Keramikbremssystem Porsche Ceramic Composite Brake (PCCB). Die gelochten Keramikbremsscheiben haben einen entsprechend großen Durchmesser von 410 Millimetern vorn und 390 Millimetern hinten. Der Einsatz von gelb lackierten Sechskolben-Festsätteln aus einem Aluminium-Monobloc an der Vorderachse und Vierkolben-Aluminium-Monobloc-Festsätteln an der Hinterachse sorgt für einen sehr hohen und vor allem konstanten Bremsdruck während der Verzögerung. Die extrem leichten, aber außerordentlich Fading-stabilen Bremsscheiben wiegen nur rund halb so viel wie konventionelle Graugussscheiben. Ein Faktor, der sich nicht nur bei Fahrleistung und Verbrauch positiv bemerkbar macht, sondern besonders die ungefederten und rotatorischen Massen reduziert. Die Folge: eine bessere Bodenhaftung, besseres Handling sowie gesteigerter Fahr- und Abrollkomfort, vor allem auf unebenen Straßen.

Aktives Fahrdynamiksystem auf Motorsportniveau

Die Präzision des Rennfahrwerks liefert das Rückgrat für die aktiven Fahrdynamik-systeme des 911 GT2 RS. Das Dämpfersystem PASM und die Hinterachslenkung zählen zu den rechnergesteuerten Fahrwerksfunktionen. Das Porsche Stability Management (PSM) und die vollvariable Quersperre PTV Plus optimieren über Antriebs- und Bremskräfte das Fahrverhalten. Alle Systeme kommunizieren miteinander und sind unter motorsportlichen Gesichtspunkten optimal aufeinander abgestimmt.

Das Porsche Active Suspension Management (PASM) regelt nach speziell für den 911 GT2 RS entworfenen Parametern die Dämpferkraft individuell an jedem Rad. Der Fahrer kann zwischen zwei Programmen wählen. Der Normal-Modus ist für sportliches Fahren auf öffentlichen Straßen und auf Rundkurse bei Nässe ausgelegt. Der Sport-Modus passt die Dämpferkräfte für maximale Querbeschleunigung und bestmögliche Traktion auf der Rundstrecke an.

Abhängig von Geschwindigkeit sowie Fahr- und Lenksituation erhöht die Hinterachs­lenkung gleichzeitig die Stabilität oder Agilität. Deren Kennlinien sind ebenfalls bewusst sportlich abgestimmt. Bei niedrigen Geschwindigkeiten lenkt das System die Hinterräder entgegen den eingeschlagenen Vorderrädern. Enge Kurven können dynamischer durchfahren werden, die Agilität steigt. Im Alltag wird das Einparken erleichtert und der Wendekreis verkleinert. Bei höheren Geschwindigkeiten bewegt das System die Hinterräder in die gleiche Richtung wie die eingeschlagenen Vorderräder. Dadurch steigt die Fahrstabilität, was sich besonders bei schnellen Spurwechseln oder Überholmanövern auf der Rundstrecke auszahlt.

„PSM Sport“ für schnellste Rundenzeiten

Die jüngste Generation des PSM ist ideal auf die Anforderungen des 911 GT2 RS zugeschnitten. Die Regeleingriffe erfolgen sehr sensibel und präzise dosiert – und lassen sich in zwei Stufen komplett abschalten. Die erste Abschaltstufe „PSM Sport“ unter­scheidet sich funktional sehr deutlich vom Vollsystem „PSM On“. Das Sport-Programm erlaubt deutlich größere Gierbewegungen um die Hochachse und höheren Schlupf an den Antriebsrädern. Dadurch ermöglicht „PSM Sport“ ambitionierten Fahrern, sich noch weiter an den Grenzbereich heranzutasten, und bietet dieselbe Notreserve wie eine aus­geschaltete Stabilitätsregelung: Starkes Bremsen im ABS-Regelbereich aktiviert die stabilisierende Unterstützung des PSM wieder in vollem Umfang, solange das Bremspedal gedrückt bleibt.

Im Porsche Torque Vectoring Plus (PTV Plus) findet das PSM einen idealen Partner. PTV Plus arbeitet mit einer elektronisch geregelten, vollvariablen Hinterachs-Quersperre und berücksichtigt bei seinen Eingriffen alle querdynamisch relevanten Fahrparameter. Das Ergebnis sind eine höhere Traktion, eine Steigerung der Querdynamik und eine deutlich gesteigerte Fahrstabilität bei Lastwechseln in Kurven und beim Spurwechsel. Zusätzlich nimmt das System gezielte Bremseingriffe am kurveninneren Hinterrad vor. Das verleiht dem kurvenäußeren Hinterrad ein höheres Antriebsmoment. Das Einlenkverhalten wird verbessert, die Agilität steigt.

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