Vom Rennen in die Serie

Porsche 917 – Taktgeber der Turbo-Technik

Im Porsche 911 Turbo hält 1974 die kurz zuvor für die Rennfahrzeuge 917/10 und 917/30 entwickelte Turbo-Technologie in der Serie Einzug.

Als die Serienversion des Porsche 911 Turbo im Herbst 1974 auf dem Pariser Salon Premiere feiert, läutet dieser Sportwagen gleich in mehrfacher Hinsicht eine neue Zeitrechnung ein. Erstmals hat Porsche die von den CanAm-Rennwagen 917/10 und 917/30 sieggewohnte Technik der Aufladung mittels Abgasturbolader in ein Serienfahrzeug implantiert, das in puncto Performance das Bisherige völlig in den Schatten stellt. Bringt es der mit einem Saugmotor ausgestattete 911 Carrera RS 1973 bereits auf 210 PS, so setzt der 911 Turbo noch 50 PS drauf. Mit 343 Nm Drehmoment überflügelt er das bisherige Spitzenmodell der 911-Modellreihe zudem um satte 88 Nm. Über 250 km/h ist der 911 Turbo schnell und erledigt den Sprint von 0 auf 100 km/h in 5,5 Sekunden. Kurzum: Er wartet mit Fahrleistungen auf, die neue Maßstäbe setzen – und ebensolche an den Fahrer anlegen.

Hans Mezger, Konstrukteur und „Vater“ der Porsche-Turbomotoren, bringt das Wesen des ersten 911 Turbo mit wenigen Worten auf den Punkt und sagt: „Das ist noch Autofahren. Wo andere Motoren aufhören, fängt der Turbo erst an. So wird der Fahrspaß noch mal getoppt.“ Tatsächlich erreichen Fahrspaß und Fahrdynamik mit dem 911 Turbo eine neue Ebene und ein simples Sportgerät für jedermann ist er beileibe nicht. Zwar zeigt sich der mit Mono-Turbolader, Wastegate und Bosch-K-Jetronic-Einspritzung ausgerüstete 3-Liter-Sechszylinder-Boxer bereits ab Leerlaufdrehzahl von der Porsche-typisch kultivierten Seite, doch was mit Erreichen der 4.000er-Markierung auf dem zentral platzierten Drehzahlmesser geschieht, stellt den Fahrer vor neue Herausforderungen. Von einem „Schlag ins Kreuz“ wird noch heute gern gesprochen, wenn das Thema auf den 911 Turbo kommt, so gewaltig tritt er an, stemmt sich mit seiner spurverbreiterten Hinterachse in den Asphalt und sorgt für einen Antritt, der manchen zu Anfang sogar überfordert. Wie Zeitzeugen aus jenen Tagen berichteten, soll es den einen oder anderen Auffahrunfall mit dem 911 Turbo gegeben haben. Nicht etwa, weil der Fahrer unaufmerksam war, zu spät bremste und auffuhr. Nein, jene ungewollten Touchés sollen sich aufgrund der immensen Beschleunigung im Ansatz von Überholmanövern zugetragen haben.

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