Traditionspflege in der Luft

Porsche Oldtimer-Flugzeug

Sie war das erste in nennenswerter Stückzahl gebaute deutsche Motorflugzeug nach dem Zweiten Weltkrieg: Ein Oldtimer-Flugzeug Typ “Pützer Elster B” wurde mit Unterstützung des Porsche Museums umfangreich restauriert und wird künftig als “fliegender Botschafter” des Museums auf Flugtagen zu sehen sein. Zwischen dem Porsche Museum und der “Elster” besteht ein enger historischer Bezug: In diesem Flugzeug-Typ wurde Ende der 50er Jahre der Porsche-Flugmotor Typ 678 erprobt.

Künftig wird das Museum der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Stuttgart, nicht nur zu Lande, sondern auch in der Luft Traditionspflege betreiben. Nach einer umfangreichen, drei Jahre andauernden Restaurierung unter der Projektleitung von Eigner Jürgen Gassebner, wurde einer “Pützer Elster B” zu neuem Glanz verholfen. Die Restauratoren investierten über 1.000 Arbeitsstunden in die Grundüberholung der Flugmaschine. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, Originalteile bestmöglich aufzuarbeiten, um auf den Einbau von Neuteilen weitestgehend zu verzichten.

Neben dem Motor wurden auch die elektronischen Geräte an Bord, die so genannte Avionik erneuert. Darüber hinaus erhielt das Holzflugzeug ein vollständig restauriertes Interieur sowie eine fachgerechte Überholung der Zelle, also der Tragflächen und des Rumpfes. Zudem präsentiert sich die “Elster” nun in einem modernen frischen Design: Das vom renommierten Stuttgarter Designer Wolfgang Seidl entwickelte Designkonzept zitiert mit den traditionellen Porsche-Farben Rot, Weiß und Grau das klassische Porsche Rennwagen-Design der 50er und 60er Jahre. Auf den Tragflächen wie auch auf dem Rumpf selbst erstrahlt der Schriftzug des Porsche Museums.

Das von der Alfons Pützer KG 1957 konstruierte Oldtimer-Flugzeug wurde zunächst an die Luftwaffe sowie die Luftsportgruppen der Bundeswehr ausgeliefert. Nur einige wenige fanden den direkten Weg in private Hände. Beim Bund wie auch in Vereinen lobten die Piloten den Schulterdecker wegen seiner gutmütigen Flugeigenschaften und setzten ihn deshalb auch gerne zur Grundausbildung und zum Segelflugzeug-Schlepp ein. Heute sind nur noch 15 “Elster”, wie sie in Flugkreisen kurz genannt wird, beim Luftfahrt-Bundesamt mit Flugzulassung gemeldet (zehn B- und fünf
C-Modelle).

Wer sie kennt, nennt die “Pützer Elster B” das beste dreihändig zu fliegende Flugzeug der Welt. Im Gegensatz zu vielen anderen Mustern besitzt die “Elster” weder ein über die Seitenruderpedale steuerbares Bugfahrwerk noch Fußspitzenhebel für die beiden Trommelbremsen im Hauptfahrwerk. Stattdessen findet der Pilot, mittig vor dem Instrumentenpanel platziert, einen mächtigen Hebel für die Bugradlenkung, der, wie die Pinne eines Bootes, direkt übersetzt als Lenker dient. Zieht man den Hebel nach links, rollt die Maschine nach rechts und umgekehrt. Seitlich an der Trennwand zwischen Pilot und Passagier sitzt ein weiterer Hebel für die Bremsen, und so erfordert bereits das Rollen zur Piste ein geübtes Können.

Die “Elster B” mit dem Kennzeichen D-ELKY aus dem Jahr 1963 hat auch einen engen historischen Bezug zur Marke Porsche: In diesem Flugzeug-Typ wurde ab 1957 der Porsche-Flugmotor-Typ 678/3 erprobt. Dieser Vierzylinder-Boxermotor basierte auf dem Antrieb des Porsche 356. Urahn des Flugzeug-Typs “Elster” war der Doppelraab, aus dem der Flugzeugbauer Alfons Pützer zusammen mit Fritz Raab zunächst den Motorsegler Motorraab entwickelte, um wenig später – unter Verwendung der Doppelraab-Tragflächen – schließlich den Prototyp “Elster A” zu entwickeln. Dieser war noch als rein deutsches Flugzeug konzipiert und wurde bereits von einem
52 PS-starken Porsche-Motor des Typs 678/3 angetrieben. Aufgrund gesteigerter Ansprüche an die Flugleistungen erhielt die “Elster B” später den 95 PS-starken Rolls-Royce Continental-Motor, Typ C-90 14 F.

Bei der Präsentation 1957 legte Porsche ganz besonderen Wert auf die Tatsache, dass der neue Flugmotor vom Typ 678 den Prüfungsbestimmungen der Deutschen Forschungsanstalt für Luftfahrt nach den Regularien der “British Civil Airworthiness Requirements” entsprach und damit international zugelassen war. Anhand eines erfolgreichen Prüfstand-Dauerlaufs von 150 Stunden, also sechs Tagen und sechs Stunden, wurde die Zeit bis zur Grundüberholung auf 600 Betriebsstunden festgesetzt. Der als Typ 678/3 mit 52 PS Start- und 50 PS Dauerleistung präsentierte 1,6 Liter-Boxer-Motor besaß eine Trockensumpfschmierung sowie zwei neigungsunempfindliche Schrägdüsen-Startvergaser, der zumindest Kunstflugfiguren wie Rolle, Looping oder Steilkurven erlaubte. Je nach Flugzeugtyp begnügte sich der mit Hochspannungs-Magnet-Doppelzündung ausgerüstete Antrieb mit einem geringen Kraftstoffverbrauch zwischen 12,0 und 16,5 Litern pro Stunde. Bereits in jenen Tagen widmete sich Porsche bereits dem Thema Fluglärm und lieferte den Motor mit einem wirksamen Schalldämpfer aus.

Künftig wird die “Pützer Elster B” mit ihrer Spannweite von 13,22 Meter als “fliegender Botschafter” des Porsche Museums an Flugtagen zu sehen sein. Damit würdigt das Museum einmal mehr die Ingenieursleistungen des Firmengründers Ferdinand Porsche. Denn bereits vor über 100 Jahren konstruierte der junge Porsche neben Automobil-Motoren ebenso erfolgreich Flugmotoren.

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